Hier erst einmal ein paar grundsätzliche Dinge zum Heilfasten (die ich auch immer wieder gefragt werde):
Da wäre die Sache mit den Diäten oder dem Hungern. Mit beidem hat Heilfasten nichts zu tun. Daher verbirgt sich hinter dem Begriff mehr als nur Gewichtsreduktion. Beim Heilfasten wird freiwillig auf feste Nahrung und Genussmittel verzichtet, was auf zahlreiche Körpergewebe reinigende Effekte erzielt: Es dient sowohl der Entgiftung, Entschlackung als auch der Regeneration des Körpers. Heilfasten ist also nicht nur ein Verfahren für Kranke, sondern auch zu Vorsorge und Vorbeugung beim Gesunden.
Heilfasten beruht auf einer uralten Tradition. Schon diese lange Erfahrung weist auf die Wirksamkeit der Methode hin. Hippokrates, der um das 4. Jahrhundert vor Christus lebte, gilt als der Begründer der systematischen Medizin. Er empfahl das Heilfasten umso strenger zu handhaben, je schlimmer eine Krankheit war.
Auch der römische Arzt Galen war ein Anhänger des Nahrungsentzugs und wirkte um das 2. Jahrhundert nach Christus. Der lateinische Gelehrte entwarf auch die Viersäftelehre, die bis in die Neuzeit hinein galt. Fasten hielt der Römer für eine Ausbalancierung der Körpersekrete.
Benedikt von Nursia griff die Theorien Galens im 6. Jahrhundert auf und auch die Heilmethode des Fastens. Im 13. Jahrhundert war es Roger Bacon, der zum Protagonisten des Heilfastens wurde. Die herausragendste Vertreterin der Klostermedizin des Hochmittelalters war Hildegard von Bingen. Wenn heute vom Heilfasten die Rede ist, ist auch oft ihr Name geradezu begrifflich.
Übergangslos tradierte sich das Heilfasten vom Mittelalter in die Neuzeit. Viele Leibärzte europäischer Potentaten mussten sich der Prozedur unterziehen. Viele Heilfastler bezogen sich auf persönliche Erfahrungen, weil sie eigene Krankheiten durch das Verfahren kurierten. Das traf auch auf Sebastian Kneipp zu.
Der französische Arzt Gueopa im Darm viele Krankheitsursachen erkannte. Im 20. Jahrhundert griffen US-amerikanische Mediziner das Heilfasten auf. Berühmte Namen sind hier Edward Hooker Dewey und Dr. Tanner, der Selbstversuche unternahm. Der Freiburger Art Dr. Redlin und Dr. Möller in Dresden praktizierten die Methode.
Die Milchsemmel-Diät war eine Entwicklung des Österreichers Franz Xaver Mayr. Der Generalstabsarzt Otto Buchinger entdeckte das Heilfasten, nachdem er eine eigene Mandelentzündung mit dem Nahrungsentszug heilen konnte.
In den 1950er Jahren gelang es Erich Weckbecker sich vom Zutsand der Berufsunfähigkeit mit dem Heilfasten zur vollständigen Genesung zu bringen. Prof. Büring hatte den Ersten Lehrstuhl für Naturheilverfahren in Deutschland inne. Kein Wunder, dass auch er ein Anhänger des Heilfastens war.
Wie wirkt sich Heilfasten auf den Organismus aus?
Diese Vorgänge lassen sich wie folgt kurz darstellen:
Der Körper schaltet nach ein bis zwei Tagen Nahrungsentzug auf den „Hungerstoffwechsel“ um. Hierbei wird so wenig Energie als möglich verbraucht. Zunächst verbraucht der Körper die Zucker-Reserven der Leberstärke, die allerdings nach wenigen Tagen verbraucht sind.
Erst dann schmilzt der Organismus die Fettpolster ein, aber nicht ohne gleichzeitig auch Proteine zu verbrennen. Das hat aber nicht nur negative Aspekte. Die Basallamina zwischen den Zellen verdünnen sich, wodurch der interzelluläre Stoffaustausch besser funktioniert.
Cholesterine und Defektenzyme werden verstärkt abtransportiert und so beseitigt. Schädliche Immun-Komplexe fallen dem Heilfasten ebenso zum Opfer.
Ein weiterer Aspekt sind die Advanced Glycation Endproducts (AGE). Das sind Verbindungen von Eiweißen und Zucker, die bei hohen Garungstemperaturen entstehen. Diese Schadstoffe sollen beim Alterungs-Prozess eine wichtige Rolle spielen, umso wichtiger ist deren Beseitigung.
Früher war man der Ansicht, dass das Gehirn ohne Zucker nicht richtig funktionierte. Heute ist bekannt, dass die Ketoverbindungen, die beim Fettstoffwechsel entstehen, sehrwohl in der Lage sind, das Zentralnervensystem ausreichend zu versorgen.
Freilich entstehen beim Hungerstoffwechsel auch Abbau-Prozesse, die durch ausreichende Flüssigkeitszufuhr ausgeglichen werden müssen. Beispielsweise entstehen große Mengen Harnsäure, die Schaden anrichten können. Um hier für genügend Ausscheidung zu sorgen, muss dringend genügend Flüssigkeitszufuhr stattfinden. Nur so kommt es zur Ausschüttung unerwünschter Produkte. Vitamine spart der Körper ein, indem ja der Darm weniger aktiv ist.
Erklärbar sind auch heute die psychischen Vorgange während des Fastens. Fastende berichten von Hochstimmungen, die nach heutiger Erkenntnis darf beruhen, dass sich der Neurotransmitterstoffwechsel verändert. Die Serotonin-Konzentration ist nachweislich erhöht, was zu verstärktem Wohlgefühl führt. Möglicherweise sind auch darauf die spirituellen Erfahrungen durch das Fasten zu erklären. Auch seelische Konflikte können beim Fasten aufbrechen, sind dann aber auch durch den Therapeuten besonders gut zu behandeln.
Anfängliche Kopfschmerzen und verstärkter Hunger klingen rasch ab, vor allem, wenn die Fastenregeln eingehalten werden. Dazu gehören die Darmentleerung und überreichliche Flüssigkeitszufuhr.
Auch die Gallensäuren, die ja in Ermangelung des Speisebreis überflüssig sind, können so besser ausgeleitet werden. Um Muskelkrämpfe zu verhindern, müssen unbedingt gute Mengen Mineralstoffe verabreicht werden.
Fastenzeiten sollten Ruhezeiten sein.
Der Körper kann schließlich keine Höchstleistungen vollbringen. Viele Kranke müssen hier besonders Rücksicht nehmen, zumal ja Medikamente weiterhin eingenommen werden müssen. Deren Reaktion auf den Hungerstoffwechsel muss der der Arzt sorgsam überwachen.
Das Fasten wirkt sowohl Blutdruck senkend, entlastend auf Herz und Kreislauf als auch entwässernd, wodurch u.a. auch das Atmen erleichtert wird. Asthmatiker können die Cortison-Medikation reduzieren, weil sie durch die Gewichtsabnahme Erleichterung verspüren. Zudem entspannt sich das Flimmerepithel, was zusätzliche Linderung verschafft.
Beim Fasten über einen längeren Zeitraum werden vom Körper Endorphine ausgeschüttet. Dieser Vorgang macht die Phase des Hungers erträglicher.
Durchschnittlich ca. 400 Gramm Gewicht verlieren Fastende täglich.
Studien belegen, dass durch das Fasten das Immunsystem angeregt wird. Fasten wirkt entzündungshemmend, so kann es sich zum Beispiel auch positiv auf entzündliches Rheuma auswirken – und nach meiner Erfahrung ist das die Regel, nicht die Ausnahme.
Da beim Fasten (über einen begrenzten Zeitraum) freiwillig, sowohl auf feste Nahrung, als auch Genussmittel verzichtet wird, kann diese Enthaltung ebenso als Impuls dienen, sich völlig aus der Abhängigkeit von Genussmitteln zu befreien.
Der „Entlastungstag“ leitet das eigentliche Fasten, welches sich über einen Zeitraum von 7 bis 14 Tagen erstrecken kann, mit einer gründlichen Darmreinigung ein. Dieser Vorgang bewirkt nicht nur die Beseitigung von „Schlackenstoffen“ im Darm.
Hierbei werden auch die Selbstreinigungskräfte im Verdauungstrakt aktiviert. Das Hungergefühl an den Fastentagen ist um so geringer, je gründlicher die Darmreinigung durchgeführt wird.
Auf welche Erkrankungen wirkt sich Heilfasten positiv aus?
Während Fasten einmal jährlich gesunden Menschen hilft, fit und gesund zu bleiben, kann sich Heilfasten durchaus auch positiv auf Erkrankungen wie zum Beispiel Bluthochdruck, Asthma, Allergien, Neurodermitis, chronische Entzündungen, chronische Gelenkerkrankungen, aber auch auf psychosomatische Störungen und psychische Erschöpfungszustände auswirken.
Indiziert ist Heilfasten beispielsweise auch bei Diabetes mellitus Typ II, Erkrankungen des Kreislaufsystems und der Fettstoffwechselstörung, Herzinsuffizienz, Krankheiten, die das Muskel-Skelett-System und das Bindegewebe betreffen.
Über eine Senkung des Augeninnendrucks verbessert sich auch die Situation für Augenkranke, insbesondere bei grünem Star. Das Blut wird dünnflüssiger, wodurch die Durchblutung gefördert und Durchblutungsstörungen vorgebeugt wir.
Aber: je gravierender die Erkrankung und Beschwerden, desto mehr sollte das Fasten modifiziert und „begleitet“ werden. Mit Begleitung meine ich, der Sie vor Ort (in einer Praxis) berät und begleitet. Das sollte natürlich idealerweise jemand sein, der sich mit dem Fasten auskennt. Und natürlich gibt es auch Personen, die nicht fasten sollten.
Mit „Modifikation“ des Fastens meine ich vor allem auch die passende Auswahl der Fastenmethode (es gibt nämlich eine ganze Menge davon!), als auch die entsprechende Unterstützung während des Fastens, wie zum Beispiel durch bestimmte Heilpflanzen, Wickel oder auch Einläufe.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie mit dem Heilfasten ein wirkungsvolles Therapieverfahren für sich entdecken und von diesem genauso viel profitieren wie ich und meine Patienten…
Mit den besten Wünschen,
Ihr