Harnsäure wird zwar zu großen Teilen über die Nieren ausgeschieden, kann aber bei zu hohen Konzentrationen zu einem Anstieg dieses stickstoffhaltigen Stoffwechselendprodukts im Blut (Hyperurikämie) führen. Das wiederum hat im schlimmsten Fall zur Folge, dass sich überschüssige Harnsäure in Form von Kristallen in Gelenken und Geweben ablagert. Man spricht dann von einer Gicht, bei der der Krankheitsverlauf normalerweise in Schüben auftritt.
Harnsäure ist das Abbauprodukt von Purinen, die etwa bei der Bildung der Erbsubstanz eine wichtige Rolle spielen. Vorstufen der Harnsäure und Zwischenprodukte lassen sich wesentlich einfacher über die Niere ausscheiden. Die Purin-Verbindung Coffein beispielsweise, die für verschiedene Krankheitssymptome verantwortlich gemacht wird, spielt bei einer Hyperurikämie keine Rolle, da der anregende Wirkstoff größtenteils unverändert mit dem Harn abgegeben wird, ohne vorher in Harnsäure umgewandelt zu werden.
Nur sehr selten sind erbliche bedingte Erkrankungen, bei denen es zu einem verstärkten Purinabbau kommt, für den erhöhten Harnsäurespiegel im Blut verantwortlich. Oft ist die falsche Ernährung Auslöser für die Hyperurikämie. Aber auch, wenn der erhöhte Harnsäurespiegel im Blut beispielsweise durch eine verminderte Nierentätigkeit ausgelöst wird, kann eine angepasste purinarme Ernährung die Werte senken und damit zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen. Denn Purine können vom menschlichen Körper selbst gebildet werden, finden sich aber auch in hohen Konzentrationen in tierischen Produkten. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass Gicht bei vegetarisch lebenden Völkern kaum vorkommt. Außerdem beschrieb der Facharzt Dr. Heinz Fahrner in einem Fachartikel das Phänomen, dass Gicht in der medizinischen Literatur in Deutschland während der Zeit der beiden Weltkriege keinerlei Erwähnung findet (vgl. Fahrner, H. A.: Fasten in der Therapie der Hyperurikämie und Gicht; Phys. Med u. Reh.; 1 1979 38). Hieraus ergibt sich ein erster Zusammenhang von Fehlernährung und Gicht.
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Interessant ist auch die Tatsache, dass Menschen und andere Primaten die Harnsäure nicht wie die übrigen Säugetiere zu Harnstoff umwandeln können, da ihnen hierfür wichtige Proteine fehlen. Der Harnstoff aber lässt sich wesentlich leichter und mit geringerem Energieaufwand über die Niere ausscheiden als Harnsäure. Wissenschaftler gehen davon aus, dass in der Entwicklungsgeschichte der Primaten die für die Umwandlung benötigten Enzyme defekt wurden und dadurch ausfielen. Deshalb ist die Harnsäurekonzentration im Blut von Menschen wesentlich höher als die anderer Säuger, denn die Niere führt auch bei ihnen die meiste Harnsäure an den Körper zurück, statt sie direkt auszuscheiden. Ein Übermaß im Blut und Gewebe kommt daher gerade in Wohlstandsgesellschaften nicht selten vor, sollte aber aus gesundheitlichen Gründen vermieden werden.
Neben einer sehr fleischhaltigen Ernährung können auch Alkoholkonsum und Bewegungsmangel zu einem starken und langanhaltenden Anstieg der Harnsäurekonzentration führen. Bereits 1966 erschien im Thieme-Verlag ein Artikel darüber, dass in zunehmendem Maße auch Arzneimittel die Harnsäurewerte im Blut erhöhen. Die Gründe für den Anstieg überschneiden sich also sehr stark mit denen anderer Stoffwechselerkrankungen, wie etwa dem Diabetes Typ II. Dennoch empfehlen Fachleute den Patienten mit Hyperurikämie und Gicht nicht jede Fastenkur.
Durch das Fasten wird die Harnsäure aus dem Bindegewebe, den Gelenken und der Haut gelöst. Doch gleichzeitig werden körpereigene Proteinreserven zur Energielieferung genutzt, wenn keine oder nur wenig Nahrung aufgenommen werden. Hierbei entstehen zusätzlich Purine, die ebenfalls zu Harnsäure abgebaut werden. Die Niere kann aber diese plötzlich riesigen Mengen nicht ausscheiden, es kommt zu Rückstauerscheinungen, und der Blutwert steigt rapide an. Dies kann einen erneuten Krankheitsschub mit großen Schmerzen zur Folge haben. Der bekannte Begründer des Buchinger-Heilfastens – Otto Buchinger – beschrieb sehr langwierige und schmerzhafte Therapien, die letztendlich aber dennoch erfolgreich waren. Andere Fachärzte haben Gichtpatienten allerdings gänzlich vom Fasten abgeraten (vgl. Zabel W.: Das Fasten; 2. Auflage Hippokrates; Stuttgart 1962).
Erst durch die Medikamente Allopurinol und Benzbromaron konnten die schmerzhaften Gichtanfälle in den Zehen- oder Fingergelenken weitgehend eingeschränkt werden. Dabei hemmt Allopurinol das Enzym, das Purin in Harnsäure umwandelt. Benzbromaron hingegen sorgt dafür, dass die Harnsäure vermehrt ausgeschieden und nicht, wie eigentlich üblich, zum großen Teil über die Nieren zurück ins Blut befördert wird. Während das Allopurinol beim Fasten eingenommen werden sollte, verzichten Ärzte während einer Fastentherapie auf das zweite Medikament, da es die Niere in dieser Zeit zu stark belasten würde.
Flüssigkeitsverluste während des Heilfastens sind auf jeden Fall zu vermeiden. Deshalb sollten Gichtpatienten auf Saunen, Vollbäder und schweißtreibende Sportarten verzichten. Harntreibende Mittel können das Fasten ebenfalls negativ beeinflussen. Fahrner empfiehlt, je nach Krankheitsbild, Getreideschleim und Buttermilch, zusätzlich zu den üblichen Fastengetränken, einzunehmen. Um die Harnsäure wirkungsvoll aus dem Körper auszuleiten, empfiehlt sich außerdem eine Fastenzeit von 21 Tagen. Auch müssen bei der Behandlung andere Faktoren, wie chronisches Nierenversagen und Durchblutungsstörungen des Gehirns oder der Herzkranzgefäße mit berücksichtigt werden.
Obwohl die Fastentherapie bei den meisten Gichtpatienten zu sehr guten Erfolgen führt, schaffen es viele nicht, die bescheidene, fast purinfreie Ernährung auch nach der Kur durchzuhalten. Deshalb ist es besonders wichtig, gleichzeitig Verhaltensregeln zu den eigenen Ess- und Ernährungsgewohnheiten zu erlernen. Denn dies kann, in Kombination mit den Medikamenten, zu einem symptom- und beschwerdefreien Leben der Gichtpatienten führen.
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Beitragsbild: 123rf.com – subbotina
Dieser Beitrag wurde erstmalig am 11.05.2022 erstellt.